Basics im Forderungsmanagement

Autor:in:
Irina Shafir, LL.M.
Veröffentlicht am:
November 1, 2023

Forderungen – Ein Thema, das viele gegenteilige Reaktionen auslösen kann.

Während manch ein:e Unternehmer:in ein Lied davon singt, hoffen andere, Forderungsausfällen gar nicht erst zu begegnen. Nach aktuellen Studien häufen sich Forderungsausfälle jedoch immer mehr, nicht zuletzt aufgrund der angespannten Wirtschaftslage und den Liquiditätsproblemen von Verbraucher:innen sowie von Unternehmen.

Unter Zugrundelegung verschiedener Quellen mit teilweise abweichenden Zahlen wird geschätzt, dass jede fünfte Rechnung unpünktlich oder überhaupt nicht bezahlt wird.

Daher sollten Gründer:innen das Thema Forderungsmanagement in den Kernpunkten kennen.

Was ist Forderungsmanagement überhaupt?

Das Forderungsmanagement ist im Volksmund bekannt als Synonym zum typischen Inkasso.

Doch dies ist so nicht korrekt. Das Forderungsmanagement geht viel weiter und bezeichnet die professionelle Organisation von Prozessen aus Rechnungsstellung und Mahnwesen, mit dem Ziel, Zahlungsausfällen vorzubeugen und die Liquidität eines Unternehmens zu sichern, sogar zu steigern.

Angegliedert ist das Forderungsmanagement im innerbetrieblichen Rechnungswesen, sodass dieser Bereich unproblematisch aus dem Unternehmen an einen externen Dienstleister ausgegliedert werden kann, wie auch die Steuererklärung an ein Steuerbüro.

Im Gegensatz zum typischen Inkasso beginnen die Prozesse und Maßnahmen des Forderungsmanagements nicht erst dann, wenn eine Rechnung trotz Fälligkeit und Verzug unbeglichen geblieben ist. Die Prozesse beginnen bereits bei Geschäftsanbahnung, nämlich mit einem rechtliche sicheren Vertrag und in einigen Fällen mit einer Bonitätsprüfung von Dritten.

Klären wir die wichtigsten Grundsätze und Begriffe im Forderungsmanagement.

Vielleicht wird es dein:e Steuerberater:in schon erwähnt haben: Keine Buchung ohne Beleg.

Eine Rechnung, die der häufigste in der Praxis vorkommende Beleg ist, stellt die Basis des Geschäfts dar. Daher solltet Ihr darauf achten, dass Eure Rechnungen die Anforderungen des § 14 UstG enthalten.

Eine Rechnung muss nicht zwingend ein Zahlungsziel enthalten. So sieht man in der Praxis häufig Rechnungen, die den Hinweis enthalten: „Bitte zahlen Sie den oben angegebenen Betrag auf folgendes Konto (…)“

Wann mit der Zahlung gerechnet wird, bleibt offen. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber zwar mit § 286 Abs. 3 BGB eine Erleichterung geschaffen. Dort steht nämlich, dass der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens 30 Tage nach Zugang der Rechnung die Zahlung vorzunehmen hat, sprich am 31sten Tag im Verzug ist. Dies gilt jedoch nur gegenüber einem Schuldner*, der nicht Verbraucher (Privatperson) ist, also im B2B-Bereich.

Ist der Schuldner ein Verbraucher, so muss er gesondert darauf hingewiesen werden, dass er nach 30 Tagen in Verzug gerät, sofern er die Rechnung bis dahin nicht ausgleicht.

Um Missverständnisse zu vermeiden, ist also empfehlenswert, ein konkretes Zahlungsziel anzugeben. Dies kann beispielsweise lauten: „Zahlbar bis zum 20.12.2023“ oder „Zahlbar innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungserhalt“. So kann das Zahlungsziel zumindest kalendermäßig konkret bestimmt werden und beide Vertragsparteien wissen, wann zu zahlen ist.

In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Fälligkeit relevant. Sie definiert, wann die (Geld-)schuld zu erbringen ist. Am obigen Beispiel also am 20.12.2023 oder 10 Tage nach Rechnungserhalt. Dieser Zeitpunkt ist maßgeblich für die Bestimmung des Verzugseintritts, ab dem die Zinsen auf die Forderung zu laufen beginnen.

Der Verzug bedeutet vereinfacht gesagt die Verzögerung einer bereits fälligen Forderung. Es kann die Verzögerung der Zahlung einer Geldschuld sein. Es kann aber genauso auch die Verzögerung der Lieferung eines Produkts oder die Verzögerung der Leistungserbringung sein.

Bleiben wir bei der Verzögerung der Zahlung einer Geldschuld, so sind ab Verzugseintritt auch Zinsen zu zahlen. Da sich kürzlich der Basiszinssatz erhöht hat, sind die Zinsen in einigen Fällen nicht unbeachtlich.

Wenn eure Geschäftspartner:innen oder Kund:innen also einmal im Verzug mit der Zahlung sind, rechnet die Zinsen genau aus und macht sie gegebenenfalls geltend. Hier könnt Ihr problemlos nachrechnen.

Zudem gibt es eine weitere Vorschrift, die dem Gläubiger einen – wenn auch keinen gravierenden – Vorteil verschafft. Es ist § 288 Abs. 5 BGB, der eine Verzugszinspauschale in Höhe von 40,00 € vorsieht. Dies jedoch nur, wenn Euer Schuldner kein Verbraucher ist.

Weshalb ist Forderungsmanagement so relevant für jedes Unternehmen?

Erst wenn das Geld auf deinem Geschäftskonto eingeht, hast du ein Geschäft generiert. Bevor das Geld auf deinem Konto landet, ist es noch kein Geschäft. Der Umsatz unterscheidet profitable Unternehmen von denjenigen, die innerhalb der ersten Jahre den Markt wieder verlassen müssen – meist wegen fehlender Profitabilität.

Damit dir das nicht passiert, achte unbedingt auf deine Zahlen.

Wie ist das Thema Forderungsmanagement bei offenen Rechnungen anzugehen?

Überwache, welche Verträge du eingegangen bist, ob alle Rechnungen für erbrachte Leistungen oder verkaufte Produkte versandt worden sind und wie dort die Zahlungsziele definiert sind. Beginne bei Verzugseintritt sofort mit einer Zahlungserinnerung und achte darauf, dass du auch dort eine Zahlungsfrist von etwa sieben Tagen verschriftlichst.

Suche parallel den telefonischen Kontakt zu deinen Kund:innen, sofern sich dies im konkreten Einzelfall lohnt. Dass du nicht anrufen sollst, wenn jemand aus deinem Online-Shop einen Knopf für zwei Euro auf Rechnung bestellt hat, versteht sich von selbst. Aber es lohnt sich dort, wo die Geschäftsbeziehung von größerer Natur ist. Du definierst, ab wann dies der Fall ist.

Ob eine weitere Mahnung zu versenden ist, lässt sich diskutieren. Meiner Auffassung nach ist durch die Frist in der Rechnung bereits das Erfordernis erfüllt worden, Geschäftspartner:innen oder Kund:innen eine Richtlinie zu geben. Natürlich vergessen wir alle einmal gewisse Dinge, sodass die Zahlungsaufforderung durchaus einen „Warnschuss“ für künftige Konsequenzen darstellt und ebenfalls eine neue Zahlungsfrist vorgibt. Ich halte weitere Mahnungen meist für eine Zeitverschwendung.

Die Ausgliederung des Forderungsmanagements

Damit du dich auf das Tagesgeschäft konzentrieren kannst und weiter Umsatz generierst, solltest du entweder unternehmensintern sehr gute Prozesse implementieren oder das Forderungsmanagement an ein Inkassobüro oder eine Anwaltskanzlei deines Vertrauens übergeben. Im Grundsatz sollte das Inkasso dich nichts kosten, da alle anfallenden Kosten vom Schuldner zu tragen sind. Informiere dich hierzu unbedingt, um nicht in eine Kostenfalle à la „30 % der Hauptforderung ist unsere Provision“ zu tappen.

Die externe Stelle ist meist sehr gut ausgebildet und hat das Handwerkszeug, um Rechnungen möglichst effektiv durchzusetzen.

Hast Du noch Fragen zum Forderungsmanagement für dein Unternehmen? Dann melde dich direkt bei Irina: https://www.kanzlei-shafir.de

*Hinweis zum generischen Maskulinum: Das generische Maskulinum als Grundform für juristische Begriffe dient der Steigerung der Lesefreundlichkeit rund um das Fachgebiet. Mit den Begriffen „Schuldner“, „Gläubiger“ und „Verbraucher“ wollen wir aber ausdrücklich alle Menschen ansprechen.

Gründer Studios ist keine Rechtsberatung! Wende dich bei Fragen bitte direkt an deinen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin.
Irina Shafir, LL.M.
Content creation Legal & Gründung
Irina ist Kolumnistin für Gründerzeit. Rechtsanwältin Irina Shafir, LL.M. ist geschäftsführende Gesellschafterin der Shafir Legal Marketing GmbH und hat sich auf die (steuer-) rechtliche Branche konzentriert sowie rein auf das Marketing über die Plattform LinkedIn. Sie hat in knapp drei Jahren bereits über 29.000 Follower, hunderte von Mandaten und drei Mitarbeiterinnen gewonnen.